Raffaele (Gentleman & Gauner) V (fünfteilig)

Peter Eberli auf einem Mobilec E-Mofa

Peter Eberli, Mobilec E-Mofa Entwickler

Es war ein Glück für meine Mutter, dass sie kaum Verbindung mit Leuten aus dem Dorf hatte. Somit konnte sie nicht direkt mit Fragen über den „Fall Raffaele“ belästigt werden.

Wenig später erfuhren wir von Herrn Ita, dass sich Raffaele im Bezirksgefängnis Meilen befände und dort auf eine Auslieferung nach Italien warten müsse. Es stellte sich heraus, dass er in Italien während langer Zeit als „Gentleman-Gauner „ tätig war und dort auf unlautere Art Waren erstanden und diese in die Schweiz geschmuggelt hatte. Wie erfuhren auch, dass Raffaele freien Eingang in die Villa der in Genf im Exil lebenden italienischen Königsfamilie hatte und dort die Luxusweine entwendete die nun teilweise in unserem Keller lagerten. Auch die Spritzdüsen hatte er in einer italienischen Firma auf scheinbar elegante Art und Weise entwendet ohne diese jemals bezahlt zu haben.

Trotz all diesen verwerflichen Taten, vermisste ich Raffaele, denn er hatte ungewöhnliches Leben in unser Haus gebracht. Auch meine Eltern verzeihten ihm gewisses Tun, er war galant und hatte wenigsten uns nichts Ungutes antun wollen. Der Wein wurde vom Königshaus nur teilweise zurückgenommen, da meine Eltern ehrlich waren und die Sache unverzüglich gemeldet hatten. Die schwarze Limousine wurde später von einem Bezirksgerichtbeauftragten abgeholt.

Traurige Gefangener hinter Gittern

Es mag ein Jahr später gewesen sein, dass meine Mutter erfuhr, dass Raffaele sich in einem Gefängnis in Paliano einem kleinen Bergdorf in der Nahe vom italienischen Frosinone befände. Meine Mutter war eine sehr unternehmerische Person. So schlug sie mir vor in den Schulferien mit dem Auto nach Paliano zu fahren und Raffaele zu besuchen. Gesagt, getan. Es ist eine der ganz tollen Reisen geworden die ich schon als Primarschüler erleben durfte. Das Dorf lagerte ganz oben auf einer Bergkuppe in den Abbruzen und das Gefängnis war in der Burgfestung untergebracht. Wir wohnten einige Tage bei Francesca, Mutter und unvergessliche Köchin einer Grossfamilie. Der Besuch bei Raffaele war ganz anderer Natur. Wir konnten ihn nur einmal durch ein engmaschiges Gitterfenster unter strengster Kontrolle einige Minuten sehen und sprechen. Zum ersten Mal sah ich ihn, diesen immer lächelnden galanten Mann, weinen.

Er erkrankte bald darnach an einer Lungenerzündung und starb in einem Gefängnisspital in Milano, wo er eingeliefert worden war.

Author: Peter Eberli