Raffaele (Gentleman & Gauner) III (fünfteilig)

Peter Eberli auf einem Mobilec E-Mofa

Peter Eberli, Mobilec E-Mofa Entwickler

Zwei Tage darauf erhielten meine Eltern einen neuen Anruf von Polizist Ita. Er müsse leider bei uns eine Hausdurchsuchung ausführen. Er würde in der nächsten halben Stunde bei uns anklopfen. Falls sich Raffaele in unserem Haus befände, dürften wir ihm davon nichts verraten. Nun wurde die Sache mehr als brenzlig. Glücklicherweise war Raffaele nicht mehr im Hause. Aber da lagerten doch kistenweise Wein und Einspritzdüsen im Büro meines Vaters. Hatte die Sache etwa mit diesem Material zu tun? Meine Mutter kam zuerst auf die Idee.

Carabinieri

Grabt im Garten sofort ein grosses Loch damit darin die Spritzdüsen versteckt werden können, sagte sie zu Vater und mir. In der grossen Aufregung gehorchten wir unserer Mutter aufs Wort. Wenn da etwas falsch war mit den Spritzdüsen, könnte es auch meiner Mutter an den Kragen gehen. Während dem wir im Garten schaufelten, verräumte meine Mutter die Weinkisten in Windeseile in den Keller, sodass es aussah als hätten sie sich schon lange dort befunden. Tatsächlich, wie sie später sagte, hatte sie vom Boden aufgewischten Staub über die Flaschen in den Kisten rieseln lassen damit diese in keiner Weise das mögliche Interesse des Polizisten erwecken konnten!

Gesichter versteckt im Baum

Nie in unserem Leben haben mein Vater und ich in innigster Zusammenarbeit derart harte Grabarbeit in so kurzer Zeit erledigt. Es war eine Heidenarbeit die Kisten mit den Spritzdüsen bis zum Loch zu tragen um sie dort hineinzukippen und anschliessend mit der Granitplatte, die normalerweise als Sitzbank diente, zuzudecken. Anschliessend befahl mir Vater, die leeren Kisten sofort im angrenzenden Wald verschwinden zu lassen. Unterdessen musste er sich sicherlich die Hände gereinigt haben um beim Erscheinen des Dorfpolizisten nicht sonderlich aufzufallen.

Der Dorfpolizist erschien knapp eine halbe Stunde nach seinem Telefonanruf und war zu unserem gemeinsamen Schreck begleitet von seinem Wolfshund. Mein Vater liess ihn in sein Büro eintreten und Mutter, Schwester und ich wurden gebeten dieses zu verlassen aber im Haus zu verbleiben. Unser Herzpuls erreichte Höchstwerte, wir hatten keine Ahnung was da vorgefallen war und warum Polizist Ita nach Raffaele fahndete. Etwas musste hier ganz sicher nicht stimmen. Zehn Minuten später verliessen der Polizist und mein Vater das Büro. Es schien sich ein vertrauliches Gespräch entwickelt zu haben, sodass Herr Ita auf eine Hausdurchsuchung mit Hund verzichtete. Klar war nur geworden, dass Raffaele polizeilich gesucht wurde aber der Grund dafür kannte auch Herr Ita nicht.

Polizist mit Wolfshund

Während einigen Wochen herrschte zwischen meinen Eltern und Raffaele Funkstille. Wir wussten nicht wo sich Raffaele aufhielt, in der Schweiz, in Italien oder sonst wo? Meine Mutter riskierte es nun nicht mehr, weitere Spritzdüsen zu verkaufen. Vielleicht hatte Raffaele diese über die Schweizergrenze geschmuggelt, vielleicht gar gestohlen oder auf eine unlautere Art und Weise erworben.

Wie war unser Erstaunen gross als eines schönen Tages Raffaele erneut in seiner schwarzen Limousine auftauchte und mit einer weiteren Kiste Luxuswein die Gaumen meiner Eltern erfreuen wollte. Mit dem gewohnten Lächeln trat er ein als wäre gar nie etwas Besonderes geschehen. Diesmal stellte aber meine Mutter in barscher Weise Raffaele zur Sprache. Nun wollte sie wissen warum die Polizei nach ihm fahndete.

Auch dies schien Raffaele nicht sonderlich zu beeindrucken. Er lächelte wie immer verschmitzt und wies jegliche Unkorrektheit von sich. Alles sei mit gerechten Dingen zugegangen und daher hätte er keine Ahnung warum die Polizei sich für ihn interessiere. Möglicherweise sei er irgendwo zu schnell gefahren. Aber meine Mutter entgegnete ihm, dass für ein zu schnelles Fahren weder eine Hausdurchsuchung noch ein Wolfshund von Nöten sei.

Es entbrannte sich beinahe ein schrecklicher Streit und Mutter wollte schliesslich Raffele kurzerhand aus dem Haus werfen. Irgendeinmal mässigten sich aber die Gemüter und da es schon Abend war, willigte Mutter schliesslich ein, dass Raffaele die Nacht im Haus verbringen konnte.

Author: Peter Eberli