
Peter Eberli, Mobilec E-Mofa Entwickler
Zuversichtlich hielt ich erneut Einzug in Paris und bezog ein behäbiges Hotelzimmer im Quartier meines zukünftigen Arbeitsgebers. Am Osterdienstagmorgen, welch historisches Datum, schritt ich herzklopfend mit neuer Krawatte, weissen Hemdkragen und Logarithmentafeln in der frisch aufpolierter Mappe durch das Hauptportal der Compagnie Electro-Mécanique, kurz CEM genannt. Beim Personalchef unterschrieb ich eine stattliche Anzahl verschiedenster Dokumente. Eine Sekretärin führte mich in die Administrativabteilung. Auch hier verschiedene Unterschriften. Schliesslich fragte man mich nach der französischen Arbeitsbewilligung die ich mir natürlich erst noch besorgen musste. Verdutzter Blick meines Gegenübers. Nein, diese Arbeitsbewilligung könne man wegen den jetzt verschärften Fremdarbeiterkontrollen nicht mehr wie zuvor während den ersten Arbeitswochen ausstellen lassen, sondern müsse sie schon von allem Anfang an besitzen! Nach Rücksprache mit der Direktion erklärte mir der Administrator, dass die Firma meine Stelle höchstens vier Wochen offen halten könne. Falls ich in dieser Zeit die Arbeitsbewilligung nicht vorzeigen könne, müsste meine Arbeitsstelle anderweitig vergeben werden.

Statt im Büro stand ich nun wieder auf der Strasse, mit dem Gefühl eines armen Süditalieners unter eiskalter Dusche! Fünf Minuten nach diesem ko- Schlag raffte ich mich auf und suchte im Sekretariat meiner ehemaligen Französischschule Rat. Man verwies mich zum Cercle commercial suisse. Eine viertelstündige Metrofahrt brachte mich zu dieser Organisation. Zu meinem grossen Erstaunen stiess dort meine Geschichte bei einem netten Fräulein auf unerwartete Teilnahme. Erst jetzt erfuhr ich die Wahrheit meiner verzwickten Sachlage. Drei Monate benötigte nämlich das französische Arbeitsministerium normalerweise um eine Arbeitsbewilligung auszustellen. Doch liesse sich möglicherweise via Bern ein beschleunigtes Verfahren einleiten. Wartezeit vielleicht drei Wochen.
In Anbetracht der Dinge wechselte ich im Hotel Wilson nahe beim Gare St-Lazare sofort ins günstigste Zimmer. 16.50 francs inklusiv Frühstück war spottbillig aber trotzdem noch zu viel für meine nicht für diesen Vorfall berechnete Börse. Das Zimmer glich einem auf 10m2 reduzierten Kuhstall mit Aussicht durch ein kleines Klappfenster in einen stickigen dunklen Innenhof, mit Wandschrank mit herausgerissenem Schloss, mit einem Bett mit der letzten aller letzten Matratzen, mit stinkendem Lavabo, mit Linoleumfetzen als Teppich, mit speckigen Tapeten und mit einer nackten von der vermöhnten Decke baumelnden 25Watt Glühbirne! Eine entmutigende Umwelt zur Neuorganisierung meines missglückten Arbeitsbeginns.

Trotzdem sauste ich noch am gleichen Tag ins Schweizerkonsulat wo man mich, selbst ohne Voranmeldung, während beinahe einer Stunde anhörte. Der vorsitzende Beamte blätterte durch Fachbücher, telefonierte und notierte schliesslich einen genauen “Schlachtplan” um zum schnellmöglichsten Erhalt der Arbeitsbewilligung zu kommen.
Tags darauf eilte ich mit gestärkter Hoffnung zur Préfecture de Police, jenem riesigen stattlichen Gebäude das sich im Schatten der Notre Dame Kathedrale ausbreitet. Nach geschlagener zweieinhalbstündiger Wartezeit händigte man mir das magische weisse Papier aus mit welchem ich mich unverzüglich ins Arbeitsministerium zu begeben hatte. Dort empfing mich, nach einer etwas humaner bemessenen Wartezeit von nur einer Stunde eine ältere Dame. Sie belehrte mich aber, dass man mir in der Préfecture das falsche Papier ausgehändigt hätte. Auch müsste ich mir bei meiner Firma einen präziseren Arbeitsvertrag ausstellen lassen. Ärgerlich fuhr ich zurück zur CEM. Noch vor dem Einnachten war der neue Vertrag abgefasst.
