Gepeinigter Karfreitag I (zweiteilig)

Peter Eberli auf einem Mobilec E-Mofa

Peter Eberli, Mobilec E-Mofa Entwickler

An diesem Tag wurde Jesus in abscheulicher Art und Weise gepeinigt und musste schliesslich gekreuzigt unsere Welt verlassen. Beinahe 2000 Jahre später erlebte auch ich einen schwarzen Karfreitag. Zwar wurde ich nicht gepeinigt und gekreuzigt aber moralisch äusserst gefordert.

Das Ganze beginnt am Abend tags zuvor. Das Telefon klingelt. Ein Kunde, dem ich vor einigen Wochen ein Elektromofa aus meiner Fabrikation geliefert hatte, erklärte mir, dass das Fahrzeug ganz plötzlich einfach nicht mehr funktioniert. Aus den Erklärungen des Kunden muss ich annehmen, dass die Batterie oder vielleicht auch das Batterieladegerät schuld an diesem Ausfall ist.

Ich habe demnach keine andere Wahl als sowohl eine Batterie wie auch ein Ladegerät inklusiv Werkzeug in meinen Alpinrucksack zu packen. Alles in allem gute 16kg Gewicht! Da der Kunde keine Minute auf das Mofa verzichten kann, versichere ich ihm, dass ich am Karfreitagmorgen sofort mit dem ersten Zug nach Monthey im Wallis fahren werde um das kranke Fahrzeug im Blitzverfahren zu reparieren. Blitzverfahren war auch deshalb wichtig, weil für den Karfreitagnachmittag wichtiger Besuch aus Frankreich bei mir in Colombier angesagt ist.

Kurz nachdem ich den Rucksack gepackt habe, muss ich noch am selben Abend Colombier verlassen, weil das Volleyball- Team, in welchem ich noch so gut wie möglich mitzuwirken versuche, im Berner-Juradorf Péry einen wichtigen Match bestreiten muss. Was nie hätte passieren dürfen, wir werden von den Gegnern aus Péry auf jämmerliche Weise überrumpelt und kläglich kalt gestellt. Diese missliche Tatsache hat zwar für mich einen indirekten Vorteil, da ich kurz nach Mitternacht noch ins Bett komme. Hätten wir den Match gewonnen, wäre dies in der Dorfbeiz von Péry überschwänglich gefeiert worden mit ins Bett kommen nicht vor drei Uhr am Karfreitagmorgen!

Da im Kanton Neuenburg der Karfreitag fahrplanmässig als Feiertag gilt, fährt das erste Tram erst um 7h02 Richtung Neuenburg. Schwer bepackt mit dem Reparaturrucksack stolpere ich halbwach die 800m von meinem Wohnsitz zur Tramstation hinunter. Dort stelle ich im letzten Moment fest, dass mein Portemonnaie mit samt dem SBB-Generalabonnement noch zuhause liegt. Verdammt und zugenäht flucht es aus meinem Munde. Zum Glück bin ich allein in der Station, aber der Herrgott hat es eben doch gehört! Ich versuche eine Entschuldigung an ihn zu richten. Was nun?

Das Tram wird in wenigen Minuten einfahren. Kurz entschlossen verstecke ich meinen schweren Rucksack auf gut Glück hinter einem Busch und renne wie vom Feuer verfolgt zurück zu meinem Haus. Halb erschöpft reisse ich die Haustüre auf, renne wie wild zur Küche hinauf und da schrillt schon der Hausalarm! Verflixt und zugenäht! Ich habe vergessen den Alarm zu quittieren! In einer Minute wird die Polizei ein Kontrolltelefonanruf ausführen. Ich muss also auf den Anruf warten. Zwei oder drei Minuten gehen verloren! Jetzt fluche ich, dass die Wände zittern, ich glaube die Nachbarn können mich hören trotz den dicken zweihundert Jahre alten Mauern. Es schellt, die Polizei ist am Draht. Ich muss meinen Code durchgeben. Der Alarm ist quittiert und ich bin hoffnungslos verspätet. Das Tram wird in einer Minute ohne mich Richtung Neuenburg rollen.

Jetzt erinnere ich mich daran, dass ich ja eigentlich vorgesehen hatte, mit meinem eigenen Elektromofa bis zum SBB- Bahnhof zu fahren aber dies wegen der herrschenden Kälte ausser Acht gelassen habe. Keine Wahl, ich muss die Kälte vergessen und das Fahrzeug aus der Remise holen. Helm auf, Handschuhe an und los mit voller Geschwindigkeit hinunter zur Tramstation wo mein Rucksack glücklicherweise noch immer hinter dem Busch ruht. Rucksack auf den Rücken schwingen und mit maximalem Schuss die 10km Richtung Bahnhof meistern.

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Ich jage wie ein Verrückter durch die Kreisel, liege gefährlich in die Kurven, fliege über die erhöhten Fussgängerstreifen. So früh am Karfreitagmorgen gibt es glücklicherweise kaum Verkehr, die Leute liegen noch alle friedlich im Bett. Die Lichtsignale schalten bei meinem Kommen automatisch auf grün, das nenne ich Hightech, besonders in meinem Fall. Drei Minuten vor Zugsabfahrt erreiche ich den Bahnhof, parkiere das Mofa und spurte auf Peron 3. Der Zug steht noch, ich jucke hinein, der Kontrolleur pfeift, die Türen schlagen zu, ich falle auf einen Sitz, der Zug fährt ab. Langsam erhole ich mich von diesem ärgerlichen Vorfall und entschuldige mich für das unkontrollierte Fluchen einmal mehr beim Herrgott. Ich kann nur hoffen, dass er sich meiner dank seiner göttlichen Weitsicht erbarmt.

Author: Peter Eberli