Älter werden

Peter Eberli auf einem Mobilec E-Mofa

Peter Eberli, Mobilec E-Mofa Entwickler

Ob man will oder nicht will, es gibt Momente wo man einfach eingestehen muss, dass man älter geworden ist.

Alt ist man erst, wenn man zum Archäologen muss.

Einst belächelte ich diejenigen die nach dem Mittagsmal ein Schläfli als für absolut notwendig empfanden um anschliessend den noch verbleibenden Nachmittag überleben zu können. Und jetzt, vierzig Jahre später, muss ich mich in Acht nehmen um nicht schon vor dem Dessert einzunicken. Schlimmer noch, letzthin bin ich während dem Mittagsmal eingeschlafen und Kopf voran, haarscharf an der mit heissem Tee gefüllten Tasse vorbei, in den zum Glück mit weichgekochten Hörnli ausgepolsterten Teller gekippt!

Auch das Verwechseln des Mikrowellenofens mit dem Kühlschrank wäre doch früher undenkbar gewesen. Aber jetzt, wo Buttermödeli im Ofen jämmerlich zerfliessen und noch ungekochte Speisen im Gefrierfach zu steinharten Eisblöcken werden, ja da ist es von Vorteil Junggeselle zu sein damit meine Konzentrationsschwäche von andern nicht entdeckt werden kann!

Man wird mit dem Alter nicht gelassener. Man schafft es nicht ganz an die Decke

Einst sauste ich die Haustreppen hoch und hinunter zwei oder drei Stufen in einem Satz überspringend. Und jetzt, vierzig Jahre später, versehe ich alle Treppen mit beidseitigen Geländern um mich sorgfältig auf sturzsichere Weise von einem Stock zum anderen zu tasten. An der Badewannenwand, bei der Toilette und im Bekleidungsraum bringe ich schöne glänzende Chromgriffe an, nicht zur Verzierung, sondern um mich daran gegen seitliche Ausrutscher abzustützen.

Wenn ich vom Haus aus über die Strasse zum Atelier gehe, muss ich ganz bewusst darauf achten mich nicht nach vorne gebeugt sondern trotz Rückenschmerzen möglichst aufrecht zu bewegen um von den Dorfbewohnern wegen den schon grauen Schläfenhaaren nicht als Urgrossvater eingeschätzt zu werden.

Keine Option: Älter werden. Optional: Erwachsen werden

Im Dorf begegne ich Leuten die ich schon seit Jahrzenten kenne, aber deren Familiennamen sich immer wieder aus meinem Gedächtnis verflüchtigen. Da kommt mir die französische Sprache in rettender Weise entgegen. Es gehört es zum guten Ton nur „Bonjour Madame /  Monsieur“ zu sagen ohne die Familiennamen zu  erwähnen. Wenn ich aber jemanden dutze, dann hab ich Pech, denn um das Sagen des Vornamens kommt man auch im französischen nicht darum herum!

Am Schlüsselbund den richtigen Schlüssel zum Öffnen der Haustüre zu finden, ist schon eine beachtliche Leistung. Aber dann diesen Schlüssel ins Schlüsselloch zu stecken übersteigt des Öfteren meine Fähigkeiten. Mit der rechten Hand muss ich dann die linke, den Schlüssel haltende Hand, führen um diese Operation zu bewältigen. Ohne Führung zittert diese Hand in so entmutigender Weise, dass der Schlüssel keine Chance hat das Schlüsselloch zu finden!

Alt werden ohne betreuende Familien­angehörige

Das schlimmste ist, wenn ein Kind mir im Tram seinen Sitz überlässt. Dann fühle ich, dass der letzte Hauch von Jugendlichkeit aus meinem Körper entschwunden ist!

Jetzt bleibt wenigstens noch die schöne Erkenntnis, dass ich auch einmal jung, schön, geschmeidig, gelenkig, schnell und wendig war!

https://www.wissen.de/alt-werden-so-veraendert-sich-unser-koerper

Author: Peter Eberli